Log.os ist ein soziales Netzwerk mit dem Leitmotiv „Wir verbinden Menschen mit Literatur“ und wirbt mit einem perfekten Leseerlebnis, der Vernetzung von Leser_in, Autor_in und Verlag und einer vom Buch losgelösten Diskussion. Die Idee ist, Bücher direkt im Browser zu lesen und sich auf derselben Plattform darüber in einer Community auszutauschen. Ist man interessiert, kann man eine Bewerbung abschicken, um an der Beta-Testphase teilzunehmen und Teil der (vorerst exklusiven) Community zu werden.

Die Webseite hat zwei Kernbereiche: erstens die individuelle Profile Page, auf der neben persönlichen Notizen die Beiträge und Kommentare der Personen angezeigt werden, denen man folgt, und zweitens die Büchertexte. Statt auf mehreren Seiten befinden sich diese Texte auf einer einzigen langen, sodass man scrollen statt blättern muss. Neben privaten Notizen kann auch öffentlich kommentiert und diskutiert werden, allerdings gibt es (noch) keine Gesamtübersicht aller Kommentare in einem Text, sondern nur schwer auffindbare blassgraue Sprechblasen am Rand. Die mitunter lange Ladezeit beim Scrollen ist nervig, ebenso, dass auf manchen Monitoren das Layout der Seite nicht vollständig angezeigt wird. Wenn man sich mit einem falschen Passwort einloggen will, aktualisiert sich die Seite ohne Fehlermeldung und das Profilbild kann auch nicht jeder Nutzer ändern. Diese vielen kleinen technischen Fehler können einerseits von Browser zu Browser unterschiedlich sein, anderseits werden sie höchstwahrscheinlich noch während der Beta-Phase behoben.

Folgen oder nicht folgen

Schade ist, dass log.os viele Stärken der Konkurrenzwebseiten nicht aufgenommen hat. Socialbook beispielsweise bietet die Möglichkeit, sich zwischen allen öffentlichen Kommentaren durchzuklicken und Sobooks zeigt die Kommentardichte auf jeder Seite in einer Heatmap an, was sehr übersichtlich ist. Auf der Profile Page werden Nutzer_innen vorgeschlagen, denen man folgen kann, allerdings ist nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien diese ausgewählt werden, wie etwa bei Facebook oder Twitter „gemeinsame Follower“. Schön wäre es auch, wenn man nicht nur Benachrichtigungen bei neuen Followern erhält, sondern auch bei neuen Kommentaren unter persönlichen Beiträgen. Log.os-Sprecher Volker Oppmann erklärte jedoch im Gespräch mit der Litfutur-Crew, dass sowohl Heatmap und Kommentarübersicht, als auch eine Möglichkeit für die Nutzer, Ideen und Verbesserungsvorschläge zu äußern und über diese abzustimmen, eingeführt wird. Somit wären also viele verbesserungswürdige Aspekte beim Release der Webseite bereits umgesetzt.

Meine Daten

Wenn man ein Buch auf einer Plattform kauft, es auf einer anderen liest (z. B.  analog) und auf einer dritten darüber diskutiert, wird dies sehr umständlich. Beim Social-Reading-Projekt zu Clemes Setz‘ „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ beispielsweise musste man zwischen dem Blog und sobooks.com hin- und herschalten. Dadurch, dass log.os mehrere Bereiche vereint und man Bücher „vor Ort“ kaufen, lesen, kommentieren und sich in der Community über sie austauschen kann, wird die Literatur dort verfügbar, wo man über sie spricht und umgekehrt. Auf Facebook findet man selten Diskussionen wieder, die man noch vorige Woche verfolgt hat; auch dieses Problem will log.os beheben.

Weiterhin ist der Punkt der Datensouveränität enorm wichtig. Beim Kindle z. B. gehören Daten wie Notizen, die persönliche Bibliothek, die Statistiken über Vorlieben des Nutzers etc. nicht zum Buch, sondern dem Unternehmen (ähnlich wie ein Layout bei Photoshop über das eigentliche Bild gelegt wird). Log.os als übernahmesichere Stiftung will gewissermaßen „dropbox-artig“ als Cloud fungieren und damit den „klassischen Werten“ der nutzerfreundlichen Datennutzung treu bleiben. Dies klingt natürlich sympathisch und die Vorstellung, dass man künftig seine Daten vom Transmitter log.os zum Tolino, Kindle oder anderen Produkten übertragen kann, ist sehr angenehm. Doch bleiben meine Daten immer noch dann wie versprochen geschützt, wenn log.os eine wirklich große Plattform wird und beispielsweise Verknüpfungen zu Facebook bietet?

Log.os zielt in die richtige Richtung, social reading mit einem Community-Erlebnis zu verbinden. Die Versprechen einer vom Buch losgelösten Diskussion und der Vernetzung von Leser_in, Autor_in und Verlag werden größtenteils gut umgesetzt, das wahre Ausmaß wird höchstwahrscheinlich erst außerhalb der beta-Phase deutlich. Nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist jedoch bei weitem nicht alles, was log.os sein will und kann und CEO Volker Oppmann darf es sich durchaus leisten, groß zu denken. Dazu müssen natürlich erst einmal alle nervigen Kleinigkeiten beseitigt und einige Funktionen verbessert werden, doch wenn dies geschehen ist, und das wird es höchstwahrscheinlich, hat log.os sehr gute Chancen, das „nächste große Ding“ der Literatur zu werden und es wird zweifellos spannend, die Entwicklung nach dem offiziellen Release zu verfolgen.