Monatlich tritt inzwischen eine beachtliche Anzahl von Neuerscheinungen auf den Buchmarkt. Man kennt es: Einige der Bücher sind plötzlich in aller Munde, erhalten Preise, werden in den Medien diskutiert – „treffen den Nerv der Zeit“.
Und andere nicht.
Sie geraten schnell wieder in Vergessenheit und verstopfen als lästiger Ballast diverse Lager. Dass bei dieser Fülle eine Selektion notwendig ist, ist dabei nicht zu bezweifeln. Doch trifft es dabei wirklich immer die Richtigen? Landen viele Bücher nicht vielleicht voreilig in der Versenkung, nur weil sie ein Thema behandeln, dass aktuell nicht genügend Menschen bewegt? Weil die Zeit noch nicht reif für ihre Geschichten war?

Mit unserem Konzept Suhrkamp Inventur wollen wir solche Bücher wiederbeleben und sie zu Aspekten des aktuellen Weltgeschehens in Beziehung setzen.

Zunächst einmal benötigen wir für unser Konzept einen Verlag, mit dem wir zusammenarbeiten können. Dieser sollte über eine möglichst große Backlist verfügen, gern mit einem besonders großen Repertoire an wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen. Für dieses Beispiel fiel die Wahl darum auf den Suhrkamp-Verlag.

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Backlist = Magazin aller Bücher eines Verlages

(Suhrkamp ~ 4600)

Die Zusammenarbeit mit einem Verlag hat zudem den Vorteil, dass sich hier (unserer Hoffnung nach zumindest) größere personelle bzw. finanzielle Kapazitäten finden lassen, als wenn wir das Projekt allein aus eigenem Antrieb steuern.
Unsere Traum-Besetzung bestünde schließlich aus drei Redakteur*innen, die sich Aufgaben wie Themen-Recherche, Buch-Auswahl, Text-Produktion und Marketing-Projekten widmen können.

Für Suhrkamp Inventur wird einmal im Monat ein tagesaktuelles Thema ausgewählt. Das heißt, eines, das auf irgendeine Weise gerade in globalen, regionalen oder lokalen Medien eine Rolle spielt. Passend zu diesem Thema werden 2 Bücher aus der Backlist des Verlages ausgesucht, die dann in einem Essay zu der aktuellen Meldung in Beziehung gesetzt werden. Die Bücher und das Essay sollen schließlich am besten auf einer an die Verlagsseite angeschlossenen Website präsentiert werden und bei Bedarf in einem Newsletter an interessierte Leser geschickt werden können.
Um mehr Aufmerksamkeit für das Projekt zu generieren, wäre es die Aufgabe des Redaktionsteams, monatlich eine Marketing-Aktion durchzuführen, welche über die sozialen Netzwerke verbreitet werden kann.

Dies könnte beispielsweise ein Flashmob sein, ein Rätsel mit Gewinnspiel, eine Podiumsdiskussion, ein Interview mit einer sachkundigen Person oder eine Mitmach-Aktion. Selbstverständlich sollte dabei der Bezug zu dem jeweiligen Thema und/oder den dazugehörigen Büchern offensichtlich werden.

Damit nicht ausschließlich Nachrichten aufgegriffen werden, die ohnehin schon in aller Munde sind, soll regelmäßig auch gerade jenen Meldungen eine Plattform gegeben werden, die womöglich genauso wichtig sind, jedoch von den Headlinern überschattet werden:

Auf diese Weise werden Bücher, die bereits in Vergessenheit geraten waren, wieder in den öffentlichen Fokus gerückt, Leser*innen bekommen so monatlich neue Empfehlungen mit aktuellen Bezügen – und auch für den Verlag selbst bringt Suhrkamp Inventur einige Vorteile mit sich:

 

Wie die monatliche Aktualität und Themenwahl aussehen können, haben wir im Folgenden für die Monate Mai bis September durchgespielt und kurz erklärt.

Mai 2016 = Präsidentschaftswahl in Österreich

In der österreichischen Republik wird ein neuer Präsident gewählt, jede Partei wittert irgendwo einen Politskandal, um den gegnerischen Kandidaten zu diskreditieren. Das ist auch die Ausgangslage des Romans von Robert Schindel aus dem Jahr 2014. Noch offensichtlicher ist der literarische Bezug zu einem Bühnenstück der österreichischen Schreiberlegende Thomas Bernhard. In »Der Präsident« geht es um Machtgeilheit und Anarchismus. Das muss keine Bewertungsschablone für den aktuellen Wahlkampf sein. Aber manchmal schärft die Satire doch den Blick für die Absurditäten der sogenannten Wirklichkeit.

Juni 2016 = Uber testest Hubschrauber-Angebot

Der Fahrdienst Uber steht für eine neue Generation von Unternehmen. Uber selbst besitzt keine eigene Fahrzeugflotte, ihre Leistung besteht in der Vermittlung von FahrerInnen (Privatpersonen oder TaxifahrerInnen) an Fahrgäste und vice versa. Dadurch ist die Firma extrem flexibel. Wer keine laufenden Kosten für Wartung von Autos zahlen muss, kann sich schnell an neue Mobilitätstrends anpassen. Außerdem ist Uber noch keine zehn Jahre alt und immer noch in einer rasanten Expansionsphase. Gleichzeitig verkörpert Uber eine libertäre Unternehmenskultur, die versucht, sich über staatliche Standards hinwegzusetzen.

Juli 2016 = Zerstörte Pipelines in Nigeria

Nigeria ist mit einer Bevölkerung von über 180 Millionen Einwohnern das mit Abstand einwohnerstärkste Land Afrikas, jeder sechste Afrikaner wird in Nigeria geboren. Wie viele Länder auf dem Kontinent befindet sich der Staat in einer Umbruchphase. Seit der offiziellen Unabhängigkeit von Kolonialmacht Großbritannien haben ein Nord-Süd-Konflikt sowie Kämpfe um das ölreiche Niger-Delta und eine gerechte Verteilung der Ausnahmen aus den Bodenschätzen immer wieder die Entwicklung des Landes bestimmt. Chinua Achebe ist einflussreicher Schriftsteller und hat oft die nigerianische Situation beschrieben, Alexander Ilitschewski skizziert die geopolitische Situation am Kaspischen Meer, wo Ölförderung und Despotie ebenso eine Rolle spielen wie im Niger-Delta.

August 2016 = Polizei stellt 322 Personen zu viel ein

Der Mensch formt Maschinen, die Maschinen formen den Menschen. Das ist nicht nur eine anthropologische Weisheit, sondern manchmal auch banale Realität. Die deutsche Bundespolizei hat nun dieses Jahr 322 Bewerber zu viel eingestellt. Schuld sei ein IT-Fehler. Obwohl also »die Technik« versagt hat, müssten sich im Zweifelsfall die verantwortlichen Menschen bei der Bundespolizei verantworten. Doch die Polizei sorgt juristisch vor. Präventiv werden alle 322 Personen schon jetzt eingestellt. Die Frage bleibt: Ab wann sind smarte Technologien und intelligente Maschinen voll haftungsfähig, dürfen sie es überhaupt jemals sein? Internetpionier Jaron Lanier und Google-Entwickler Shumeet Baluja suchen nach Antworten.

September 2016 = Klimawandel in der Mongolei

Obwohl die Mongolei selbst einen geringen CO2-Ausstoß produziert und ansonsten alles andere als ein Klimasünder ist: das asiatische Land hat massiv mit verstärkten Temperaturschwankungen zu kämpfen. In einem Land mit großer nomadischer Bevölkerung und einer Abhängigkeit von der Landwirtschaft ist unstetes Wetter ein großer Unsicherheitsfaktor. Der Klimawandel ist eine globale Konstellation und kann deshalb auch nur mit einer globalen Klimaethik in den Griff bekommen werden.